kleine Geburt (6.SSW) - erzählt von Sandra, 40, Euerdorf

kleine Geburt (6.SSW) - erzählt von Sandra, 40, Euerdorf

Unser Krümelchen, mein Muttertagsglück 


Es macht mich sehr froh, Euch hier die Geschichte von unserem Krümelchen erzählen zu dürfen. Sein Leben war nur ein Hauch, doch es hat Saiten in mir zum Schwingen gebracht und zu einer wunderschönen Melodie erklingen lassen, wie es nur unser Krümelchen konnte. 

2016, nach unserem Osterurlaub an der Nordsee, war mein Mann sich sicher, dass ich schwanger war. Ich war verdutzt, überrascht und freudig aufgeregt. Sollte ich jetzt tatsächlich Mama werden? 
Mein Mann und ich machten aus,  gemeinsam zu testen, in aller Ruhe, an einem Sonntag. Passenderweise war es sogar Muttertag. 
Siegessicher baute mein Mann die Kamera auf, um das positive Ergebnis festhalten zu können. Und er hatte recht: In Sekundenschnelle erschienen auf dem Test die dicksten 2 roten Striche, die ich je gesehen habe. Das Glück, das ich beim Anblick dieser Striche empfand, lässt sich nicht beschreiben. Ich konnte es kaum erwarten, es meiner Familie zu erzählen, was wir auch sehr schnell taten.

2 Wochen später setzten erste Blutungen ein, noch bevor ich zum ersten Mal beim Frauenarzt war. Mein Mann recherchierte zugleich besorgt und meinte, es gäbe auch viele harmlose Gründe für Blutungen in der Schwangerschaft. Ich versuchte mich zu entspannen und bemühte mich, zuversichtlich zu bleiben. 

3 Tage später verstärkten sich die Blutungen und ich fuhr voller Sorge zum Frauenarzt. Trotz eindeutigen Schwangerschaftstests war unser Krümelchen im Ultraschallbild nicht zu sehen. Mit dem Auftrag, bei extremen Schmerzen ins Krankenhaus zu fahren und ansonsten abzuwarten, fuhr ich tränenüberströmt nach Hause. Zuhause saß ich weinend mit Krämpfen und starken Blutungen zu Hause. Ich verlor gerade unser geliebtes Krümelchen und konnte nichts dagegen tun. 

Früher hätte ich gesagt, es war ein früher Abgang, heute sage ich, es war eine kleine Geburt, schon in der 6. Schwangerschaftswoche. 


Was hat dir nach deinem Verlust Halt gegeben?

Mein Mann und ich nahmen uns bewusst Zeit zu trauern und starteten erst nach einem halben Jahr wieder mit dem Kinderwunsch. Ich malte immer wieder den Namen unseres Kindes auf, in vielen Farben: Krümelchen.
Mein Glaube an Gott hat mir in dieser Zeit ebenfalls viel Kraft gegeben.
Jahre später half mir die Reaktion von meinem Frauenarzt sehr. Er tat den frühen Abort nicht als normal ab wie so viele, sondern versprach mir, alles dafür zu tun, um ein weiteres frühes Ende  zu verhindern. Bei seinen Worten: "Jede Schwangerschaft ist wichtig.", wurde etwas in mir heil. 

Welche Auswirkungen hatte der Verlust auf dein Leben?

Als ich in der darauf folgenden Schwangerschaft im Ultraschall zum ersten Mal unser Kind sah, war ich tief berührt und mir kamen vor lauter Glück die Tränen. Die Ängste, dass ich wieder einfach so mein Baby verlieren könnte, saßen so tief, dass ich von Blutungen träumte. Die Träume waren so real, dass ich mich nach dem Aufwachen auf der Toilette immer erst vom Gegenteil überzeugen musste.

Doch trotz dieser Ängste bin ich sehr dankbar, dass ich die Mama von Krümelchen sein darf. Was wäre mein Leben ohne ihn gewesen? Durch Krümelchen habe ich gelernt, das Jetzt mehr zu genießen. Ohne ihn würden wunderschöne Farben in meinem Leben fehlen. 


Wie hat sich deine Trauer über die Zeit verändert?

Die Perspektive hat sich verändert: Aus Trauer um den Tod von Krümelchen ist Dankbarkeit für sein kurzes Leben entstanden. 


Was ist das stärkste Gefühl, oder das häufigste das du spürst, wenn du an dein Baby denkst?

Inzwischen kann ich mit einem Lächeln an unser Krümelchen denken. Die Erinnerung an die überschwängliche Freude über unser Krümelchen macht mich glücklich. 


Fühlst du dich mit deinem Baby verbunden?

Ich glaube an ein Wiedersehen, auf das ich mich sehr freue.
Die Erinnerungen an die überschwängliche Freude über unser Krümelchen sowie die starken Mama-Gefühle sind mir ein unermesslicher Schatz. 

Was hättest du dir nach deinem Verlust von deinem Umfeld gewünscht?

Ich hätte mir rückblickend gewünscht, dass der Frauenarzt die Worte "kleine Geburt" verwendet. Abgang ist ganz scheußlich und Abort klingt so mechanisch. Dabei ging es hier doch um unser kleines Wunder.
Von Familie und Freunden hätte ich mir gewünscht, dass sie mehr verstehen, dass wir um unser geliebtes Kind trauern und nicht die Verzögerung unseres Kinderwunsches bedauern.